Vielleicht kennst du sie: diese Streits, die völlig unangekündigt aus dem Nichts kommen und die gute Stimmung in Nullkommanichts kaputt machen können. Das spannende ist, dass wir oftmals gar nicht genau wissen, was jetzt gerade in den letzten zwei Minuten überhaupt passiert ist.
Oberflächlich ist doch nichts passiert. Wir haben uns mit einer anderen Person normal unterhalten und ohne, dass wir vermeintlich etwas böses oder provozierendes gesagt haben, fühlt sich unser Gegenüber von uns angegriffen, geht auf Verteidigung, greift mit Worten an und Zack – wir befinden uns im perfekten „Kampf“ – gehen wir gegenan, weil wir uns das nun auch nicht gefallen lassen wollen.
Das hat alles an der Oberfläche stattgefunden. Doch wir alle haben ein Unterbewusstsein. In unserem Unterbewusstsein sind unsere frühesten Erfahrungen verankert und teilweise sind dies Dinge, die wir gar nicht bewusst haben wollen – uns so sind wir ganz fein damit, dass unser Mechanismus diese ‚unschönen‘ Themen einfach tief in uns vergräbt. Soweit so gut.
Doch (leider) bestimmt unser Unterbewusstsein unser Verhalten zu 95%. Bewusst leben und entscheiden wir hingegen nur zu 5%. Warum ist das so? Was bringt uns das, wenn das, was tief in uns verschlossen ist, da zu unangenehm, unser Leben zu 95% bestimmt? Ganz einfach.
Alles in uns möchte heilen.
Wenn wir nur auf der Erde wären, um ein Friede Freude Eierleben zu führen, und alle ‚unschönen‘ Dinge einfach tief verstauen könnten, würden wir uns wahrscheinlich alle schnell hier auf der Erde langweilen. Krisen bringen uns weiter. Durch Krisen wachsen wir. Durch Krisen heilen wir. Und ja, Krisen fühlen sich nicht gut an (daher ist unser Mechanismus damit beschäftigt, die Dinge schön im Verborgenen zu halten). Doch indem solche unbewussten Dinge hoch kommen, können sie gesehen werden, uns bewusst werden und ‚behandelt‘ werden.
Ich hatte mal so ein Gespräch mit Philipp. Wir waren im Auto, die Stimmung war gut. Und mit einmal eskalierte unser Gespräch. Wie aus dem nichts. Der Frieden war dahin und irgendetwas war gerade passiert, ohne, dass ich sagen konnte, was da los war. Ich saß wahrhaftig mit aufgerissenen Augen da und starrte nur nach vorne… wie konnte die Stimmung so schnell kippen, es war doch alles in Ordnung… oder nicht?
Und im Nachhinein weiß ich nun, was los war. Ohne dies zu beabsichtigen, habe ich Philipp getriggert. Vermutlich habe ich unbewusst ein Thema in Philipp getriggert, das in ihm ist, über das er sich selber nicht bewusst ist (sonst hätte er es kommunizieren können) und das mit voller Wucht und in Sekundenschnelle auf etwas reagiert hat, was ich gesagt habe oder wie ich etwas gesagt habe.
Unser Unterbewusstsein bestimmt unsere Gefühle, Entscheidungen und Handlungen zu 95%. Und wir dürfen bewusst-er damit umgehen. Unser Unterbewusstsein und die darin verborgenen Schätze sind nicht gegen uns. Sie wollen gesehen werden. Und indem unser Unterbewusstsein sich in unseren ersten 7 Lebensjahren entwickelt, ist es entstanden, als wir noch sehr abhängig, bedürftig und hilflos waren. Und vielleicht kannst du dir vorstellen, welcher Anteil in uns aktiv ist, wenn wir aus unserem Unterbewusstsein (was bei solch einem plötzlich ausartenden Streit auch der Fall ist) heraus handeln: unser inneres verletztes Kind. Und unabhängig davon, wie schön deine Kindheit war: nahezu jeder Mensch hat Bedürfnisse, die nicht vollends in ihrer Kindheit von ihren Bezugspersonen erfüllt werden konnten.
Damals waren wir jung. Heute sind wir er-wachsen. Heute sind wir groß und stabil. Und vielleicht kannst du dir vorstellen, dass es hier unsere bewusste Entscheidung braucht:
- Möchte ich aus meinem verletzten inneren Kind meine Beziehungen und mein Leben führen?
- Möchtest du aus deinem verletzten inneren Kind deine Beziehungen und dein Leben führen?
Die Rolle des Erwachsenen Ichs
Nur weil wir ein gewisses Alter erreicht haben und offiziell nicht mehr als „Kinder“ gelten, dürfen wir uns an dieser Stelle nochmal bewusst dazu entscheiden, die Rolle des „erwachsenen Ichs“ anzunehmen. Und dazu gehört, dass wir sicher und stabil sind, um unseren Wert wissen und gut damit umgehen können, wenn sich Trigger aus unserer Vergangenheit zeigen.
Ich selber übe mich Tag für Tag darin, Themen, die in mir hochkommen, anzunehmen und zu schätzen, dass sie hoch kommen. Nur wenn mir meine inneren Themen bewusst werden, kann ich mit ihnen arbeiten und sie loslassen.
Zum Schluss möchte ich dir zu diesem Thema noch zwei Bücher empfehlen:
Dieses Thema liegt mir am Herzen, da wir nur aus einer erwachsenen und bewussten Position heraus, gute und reife Beziehungen führen können. Wir sind erwachsen. Wir haben unser Leben heute in der Hand. Und so dürfen wir endlich dahin kommen, gut zu uns, zu unseren Eltern, Partner*innen, Kindern und Mitmenschen zu sein. Der Anfang liegt immer bei uns selbst. So wie wir mit uns umgehen, gehen wir auch mit anderen Menschen um. Lass uns unsere Themen (im Unterbewusstsein) annehmen und heilen – das wird sich ganz schnell auf all unsere Beziehungen auswirken.
Fühl dich umarmt,